August 2024: 70 Jahre ABSt Hessen e.V. – 1954-2024

Seit nunmehr 70 Jahren befasst sich die ABSt Hessen damit, wie zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen öffentliche Aufträge zu schließen sind. Heute konzentriert sich ihre Unterstützung darauf, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge die Regelungswerke vor dem Hintergrund folgender Grundprinzipien eingehalten werden: Aufträge sind im Wettbewerb zu vergeben, das Verfahren ist transparent durchzuführen und die bietenden Unternehmen sind gleich zu behandeln.

Die Gründung der ABSt Hessen durch die hessischen IHKs und HWKs fiel in die Nachkriegszeit und hatte dabei nur einen einzigen Zweck: beim Aufbau der Bundeswehr eine bestimmte Rolle zu übernehmen. Für dieses Ziel waren Kontakte zu den Unternehmen vonnöten, die Leistungen und Know-how für einen umfangreichen Beschaffungsbedarf der angestrebten Bundeswehr hatten. Der Bedarf umfasste sowohl Standardleistungen als auch Leistungen, die konkret der Wiederbewaffnung dienten. Dazu zählte die Ausstattung der Bundeswehr mit Kasernen und Kleidung oder auch spezielle Leistungen wie Waffen für den Verteidigungsfall.

Die Gründung der ABSt geschah vor folgendem politischen Hintergrund: Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) hatten 1952 den Vertrag zur Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) geschlossen, mit dem Zweck, eine europäische Armee aufzubauen. Es war ein besonderes Anliegen der Bundesregierung, eine deutsche Armee in den europäischen Rahmen einzugliedern.

Diese Europäische Verteidigungsgemeinschaft sollte der Nato unterstellt werden, die fünf Jahre zuvor gegründet wurde. Zur Ratifizierung des EVG-Vertrages durch die Unterzeichnerstaaten kam es aber letztlich nicht. Unterschiedliche Interessen der Partner und die damit einhergehende Wiederbewaffnung Deutschlands, die einigen großes Unbehagen verursachte, verhinderten dies.

Aufwind erhielt die Gründungsabsicht der ABSt Hessen allerdings durch den Abschluss der Pariser Verträge 1954, aus der die Westeuropäische Union (WEU) entstand. Mitglieder sind die Staaten Frankreich, Großbritannien und die Beneluxstaaten, die sich bereits im Brüsseler Vertrag von 1948 gegenseitigen Beistand im Verteidigungsfall versprochen hatten. Der neue Vertrag bedeutete zugleich das Ende der Besatzung der Bundesrepublik und den Beitritt Westdeutschlands und Italiens zum Brüsseler Vertrag. Ein Amt für Rüstungskontrolle und ein Ständiger Rüstungsausschuss wurden eingerichtet. Um der skeptischen europäischen Öffentlichkeit zu entsprechen, unterlag die deutsche Wiederbewaffnung der Einschränkung, dass die Herstellung von Massenvernichtungswaffen oder ABC-Waffen untersagt war.

Damit wurde der Weg frei, dass Westdeutschland seine eigene Armee, die Bundeswehr, aufbauen konnte, die am 5. Mai 1955 in die Nato integriert wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren in fast jedem westdeutschen Bundesland Auftragsberatungsstellen als Kontaktstelle für die nicht rüstungsbezogenen Bedarfe der Bundeswehr entstanden.

Noch heute wirken alle Auftragsberatungsstellen in Deutschland als Ständige Konferenz der ABStn, erweitert durch die Einrichtungen in den östlichen Bundesländern. Sie vermitteln zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen, da es um einen fairen Wettbewerb und rechtskonforme Verfahren vor der Auftragserteilung geht.

Die ABSt Hessen hat seit 2001 die Digitalisierung der Beschaffung mit der Hessischen Ausschreibungsdatenbank HAD vorangetrieben. In ihr Portfolio wurden weitere Leistungen integriert: die eHAD als digitale Plattform zur vollelektronischen Durchführung der Vergabeverfahren der öffentlichen Hand ab 2008, flankiert durch Schulungen zur Nutzung der eHAD-Software.

Seitdem ist auch ein umfangreiches Seminarprogramm entstanden, das Auftraggebern den einzuhaltenden Rechtsrahmen der nationalen und EU-Verfahrensvorschriften vermittelt, aber auch für Unternehmen gedacht ist, die sich mit Angeboten an den Ausschreibungen der öffentlichen Hand beteiligen.

Seit 2008 hat die ABSt das HPQR aufgebaut, das Unternehmen auf ihre Eignung für öffentliche Aufträge prüft und zertifiziert. Als amtliches Verzeichnis ist das HPQR bei der EU-Kommission notifiziert und muss von Auftraggebern als Nachweis anerkannt werden. Die kostenlose Erstberatung für öffentliche Auftraggeber und Unternehmen zum einzuhaltenden Rechtsrahmen, bspw. zur VOB und zur Technik der elektronischen Vergabe, runden den Service der ABSt ab.

Punktuell unterstützen die Auftragsberatungsstellen den Bund bei verschieden Projekten. Der Verbund der Auftragsberatungsstellen erhielt vom Bundeswirtschaftsministerium den Forschungsauftrag zur Mittelstandsklausel, der von den Auftragsberatungsstellen Hessen und Brandenburg federführend bearbeitet wurde.

Aktuell arbeitet die ABSt Hessen seit zweieinhalb Jahren in einem Expertengremium des Bundes mit, das dafür verantwortlich war, alle EU-Bekanntmachungen von beschreibbaren PDFs in Datenfelder umzuwandeln. Das nächste Projekt steht schon vor der Tür: Auch die übrigen nationalen Bekanntmachungsmuster werden das neue Format xml. erhalten, ein Stichtag steht noch nicht fest.