BMI veröffentlicht Erlass zur Anwendung der HOAI nach dem EuGH-Urteil

Das Bundesministerium des Innern, für Bauen und Heimat (BMI) hat am 5.8.2019 einen Erlass zur Anwendung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 4.7.2019 (Rs. C-377/17) veröffentlicht.

In seinem Urteil vom 4.7.2019 (Rechtssache C-377/17) hatte der EuGH entschieden, dass die verbindlichen Mindest- und Höchsthonorarsätze der HOAI in der Fassung vom 10. Juli 2013 nicht mit der EU- Dienstleistungsrichtlinie vereinbar sind. In der Folge müssen nach Art. 260 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) durch Deutschland die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um den festgestellten Verstoß gegen das Unionsrecht zu beenden.

Das federführende Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) wird hierzu weitere Bundesressorts, die Bundesländer und die kommunalen Spitzenverbände sowie die Berufsverbände und die berufsständischen Kammern konsultieren, um im Anschluss einen Vorschlag zur Novellierung der HOAI vorzubereiten.

In der Übergangszeit sind die Hinweise des Erlasses zu beachten, um eine unionsrechtskonforme Anwendung der HOAI sicherzustellen. In diesem Zusammenhang werden durch den Erlass übergangsweise auch notwendige Anpassungen in den Vertragsmustern für freiberuflich Tätige in den Richtlinien für die Durchführung für die Bauaufgaben des Bundes (RBBau) vorgenommen.

Der Erlass stellt zunächst klar, dass Verträge, die vor der Urteilsverkündung geschlossen wurden, - "vorbehaltlich der jeweiligen Einzelfallprüfung" weiterhin als wirksam anzusehen seien – „auch soweit bei der Vergabe und dem Vertragsschluss von der verbindlichen Geltung der Mindest- und Höchstsätze ausgegangen wurde“ (S. 4). Ein Anspruch auf Anpassung des Honorars an die Mindest- und Höchsthonorarsätze der HOAI bestehe grundsätzlich nicht (mehr).

Bei der Vergabe von Planungsleistungen im Anwendungsbereich der HOAI dürften "in Folge der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs Angebote nicht aus dem Grund ausgeschlossen werden, dass sie Mindesthonorarsätze unterschreiten oder Höchsthonorarsätze überschreiten.“ Die in der HOAI enthaltende Systematik zur Berechnung des Honorars könne jedoch auch weiterhin zum Gegenstand einer individualvertraglichen Vereinbarung gemacht werden.

Das Urteil des EuGH treffe keine Aussage zu der Frage, ob und zu welchem Anteil nach vergaberechtlichen Kriterien der angebotene Preis in die Zuschlagsentscheidung einzufließen hat. Der Wegfall von verbindlichen Mindest- und Höchsthonoraren erfordere, dass die Formulierung der Zuschlagskriterien "auf die qualitativen Anforderungen an die Leistung" abzustimmen sei. Dabei sei weiterhin insbesondere der Abschnitt 6 der Vergabeverordnung (VgV) zu beachten, der ausdrücklich den Leistungswettbewerb als gesetzliches Leitbild vorsieht (§ 76 Abs. 1 S. 1 VgV).

Erlass BMI vom 5. August 2019:
https://bingk.de/wp-content/uploads/2019/08/Erlass-BMI-vom-5.8.2019_Anwendung-HOAI-aufgrund-EuGH-Urteil-4-Juli-2019.pdf